Am 28.8. hat sich eine Gruppe mit 36 TASTEies auf den Weg nach Vancouver gemacht. Bei dieser Gruppengröße haben wir entschieden, dass jemand aus dem TASTE-Team die Schülerinnen und Schüler begleiten sollte*. Da ich selbst mit TASTE 1994/95 ein Schuljahr in Alberta verbracht hat, habe ich diese Chance genutzt und bin, nachdem alle TASTEies sicher in Vancouver gelandet waren, weiter nach Edmonton zu meiner ehemaligen Gastfamilie geflogen.

 

Los ging es aber erstmal für 23 TASTEies und mich am Sonntagmittag am Flughafen Hannover. In München trafen wir dann die 13 anderen TASTEies, um mit Ihnen gemeinsam die Weiterreise nach Vancouver anzutreten. Die Stimmung war gut und trotz leichtem Chaos wegen der vielen Dokumente, die für die Einreise nach Kanada aktuell nötig sind, konnten wir pünktlich starten.

Die knapp 10 Stunden Flug vergingen dank des großen Angebots an Filmen und Serien recht schnell und wir landeten bei sommerlichem Wetter am Sonntagnachmittag in der kanadischen Metropole an der Westküste. Nach kleineren Verwirrungen und einiger Wartezeit bei der Immigration konnten alle TASTEies in Vancouver abgeholt werden oder ihren Weiterflug innerhalb von British Columbia antreten. Ich selbst hatte noch viel Zeit bis zu meinem Flug nach Edmonton und die Vorfreude darauf, meine Gastfamilie wiederzusehen, stieg mit jeder Stunde. Das letzte Mal war ich vor fünf Jahren dort, als ich mit meinen Kindern und meinem Mann eine Rundreise gemacht habe und wir meine Gastfamilie anschließend für eine Woche besucht haben.

Mit einiger Verspätung landete ich erst nach Mitternacht in Edmonton und konnte müde aber glücklich meine Gastmutter, Gastschwester und die Tochter meiner Gastschwester nach fünf Jahren wieder in die Arme schließen. Auch wenn meine allererste Ankunft in Edmonton schon 28 Jahre her war, fühlte ich mich in dem Moment fast wieder in das Jahr 1994 zurückversetzt, was vielleicht auch mit dem Teppichboden im Flughafen, der noch immer derselbe ist, zu tun haben könnte ;). Aber auch abgesehen vom Teppichboden kamen sofort wieder alle Erinnerungen an diese erste große Reise meines Lebens zurück. Das erste Mal die Familie zu sehen, bei der ich 10 Monate leben sollte, war wirklich aufregend, denn ich kannte sie bis dahin ja nur aus ein paar Briefen und von den wenigen Fotos, die ich mit den Platzierungsunterlagen bekommen hatte. 

Anders als unsere TASTEies heute konnten wir keine Videocalls machen oder E-Mails und Textnachrichten verschicken, somit war es in vielerlei Hinsicht für mich eine Reise ins Ungewisse. Auch den Ort, an dem ich platziert war (New Sarepta, ein kleines Dorf in der Nähe von Edmonton) konnte ich im Vorfeld nicht kennenlernen, da er auf keinem Atlas, den wir zu Hause hatte, zu finden war. 1994 war unser Kanada-Programm noch kein Select-Programm, sodass ich nur angegeben hatte, in einer englischsprachigen Region platziert werden zu wollen. Das hat auch geklappt, nur war es für mich als Kind der Großstadt schon gewöhnungsbedürftig in einem Ort mit 400 Einwohnern, 10 Straßen, zwei Läden und einer Post zu wohnen.

 Nach meiner Ankunft damals war ich auch etwas geschockt und unsicher, ob dieser Auslandsaufenthalt denn wirklich eine gute Idee war, aber nachdem der Jetlag erstmal überwunden und ich in Familie und Schule angekommen war, stellte sich diese Frage nie wieder. Das Jahr in Kanada war für mich eines der besten Jahre meines Lebens und das Land ist bis heute meine zweite Heimat geblieben. Mit meiner Gastfamilie halte ich auch nach so vielen Jahren noch Kontakt und ich war mehrfach dort zu Besuch. Die gemachten Erfahrungen, die Selbstständigkeit, die ich erworben habe und natürlich auch die gewonnenen Englischkenntnisse haben mein Leben absolut bereichert und mir zum Beispiel ermöglicht, später mein Studium in England zu absolvieren. Das ist auch der Grund und die Motivation gewesen, warum ich mich vor einigen Jahren bei TASTE beworben habe und ich nach wie vor mit großer Freude daran arbeite, Jugendlichen ihren Traum vom Auslandsjahr zu verwirklichen.

 

In diesem Jahr war es ein besonderer Besuch für mich bei meiner Gastfamilie, da es der erste Besuch nach dem unerwarteten Tod meines Gastvaters 2020 war. Somit war es auf der einen Seite zwar wie immer, aber doch ganz anders. Meine Gastmutter und ich haben viel Zeit miteinander verbracht, da sie auch gerade in Rente gegangen ist und wir haben viele gute Gespräche geführt. Mit meinen Gastschwestern haben wir einen Ausflug zum Stand-up-Paddling gemacht, auf dem wir sehr viel Spaß hatten. Aber in vielen Momenten haben wir auch über meinen Gastvater gesprochen und in Erinnerungen geschwelgt. Auch dadurch wurde mir wieder bewusst, dass meine Gastfamilie wirklich eine zweite Familie für mich ist und sie mich als Familienmitglied aufgenommen hat. Meine Gastmutter sagte mir, dass sie es immer noch faszinierend findet, wie gut wir zueinander passen und wie gut die Betreuer uns damals zusammengebracht haben. 

Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Zeit mit meiner Gastfamilie zu verbringen und unsere TASTEies auf ihrem Flug zu begleiten. Ich wünsche euch allen eine tolle Zeit in Kanada (oder in einem anderen Gastland) und dass auch ihr eine zweite Heimat dort findet.

*Eine Information, da uns Rückfragen erreichten, warum manche unserer TASTEies alleine fliegen mussten: da in British Columbia die meisten Schulen am gleichen Tag beginnen, lassen sich hierfür, anders als zum Beispiel in den USA, große Gruppenflüge organisieren. Natürlich versuchen wir immer auch für die anderen Gastländer Gruppenflüge zu organisieren, dies ist leider nur nicht immer möglich.