“Falls jemand hier die Chance bekommt ein Jahr ins Ausland zu gehen: Verschwendet keine Sekunde, eure Zeit ist begrenzt!”
Ich bin Annika, 16 Jahre alt und habe ein Schuljahr in Kanada, Nova Scotia verbracht, das im Juni 2016 endete. Wenn ich davon rede, dass ich die Leute, die Stadt oder allgemein die Zeit in Kanada vermisse, weiß ich gar nicht ob das überhaupt Fernweh ist. Für mich fühlt sich das eher an wie Heimweh. Nach meinem zweiten Zuhause in Kanada, mit meiner zweiten Familie und meinen anderen Freunden. Alles in Kanada ist mir über das Jahr echt ans Herz gewachsen und es ärgert mich, dass ich das erst jetzt so sehr realisiere. Ich würde jetzt nichts lieber tun, als die Hunde meiner Gastfamilie noch einmal mit auf eine Tour zum Strand im Sommer, oder im Winter durch den verschneiten Wald, der direkt hinter dem Haus meine Gastfamilie liegt, zu nehmen. Ich bereue nur an diesem Jahr, das ich solche Privilegien, die ich da hatte, nicht immer genutzt habe, sondern manche Tage lieber zuhause verbracht habe. Also, falls jemand hier die Chance bekommt ein Jahr ins Ausland zu gehen: Verschwendet keine Sekunde, eure Zeit ist begrenzt!
Meine Gastfamilie bestand aus meinen zwei Gasteltern und deren erwachsenen Kindern, die nicht mehr zuhause wohnten und meiner Gastschwester aus Belgien. Auch wenn es ein paar Hochs und Tiefs gab, wie in jeder Familie, könnte ich mich nicht glücklicher mit ihnen schätzen. Meine High School war 16 Kilometer entfernt und ich wurde ganz „american“ jeden Morgen von einem gelben Schulbus direkt vor meiner Haustür abgeholt. Meine Busfahrt ging fast 45 Minuten, was sehr viel nerviger klingt, als es war. Ich konnte nochmal etwas dösen oder Hausaufgaben auf die Schnelle machen, aber meistens habe ich mich mit den anderen High School Schülern im Bus unterhalten, die wirklich sehr nett und witzig waren.
Als wir dann endlich angekommen sind, führte der erste Weg zu meinem locker (‘Schließfach’), wo ich alle Bücher oder Sportsachen abgelegt habe, die ich nicht in den ersten periods (‘Unterrichtsblöcken’) hatte und dann hatte ich noch ungefähr zehn Minuten um mich mit Freunden zu unterhalten. Im ersten Semester hatte ich jeden Tag Mathe, Soziologie, Sport und Kunst. Eigentlich war ich in Kanada in der zehnten Klasse, habe aber ein paar der akademischen Fächer mit den 11.- und 12.-Klässlern gemacht, weil das Niveau in Deutschland einfach anders ist, in manchen Fächern höher, in anderen niedriger. Ich kann auch nur empfehlen, Fächer die man auf deutschen Schulen selten findet zu belegen, Soziologie zum Beispiel war unglaublich interessant und hat sehr tiefe Einblicke in die kanadische Denkweise und auch Politik gegeben. In Fächern wie Kunst und Sport habe ich am meisten Leute kennen gelernt und viele von ihnen sind über das Jahr zu echt guten Freunden geworden. Im zweiten Semester hatte ich Biologie, Englisch, Drama (vielleicht mit Fächern wie darstellendes Spiel oder einfach Theater zu vergleichen) und Yoga! Drama war eine der besten Sachen die mir in Kanada passieren konnte. Die Chemie in unserem Kurs, der aus 21 Leuten bestand, hat einfach so sehr gestimmt, dass wir unheimlich viel Spaß zusammen hatten und am Ende des Semesters ein zwei-stündiges Theaterstück („The Laramie Project“) vor mehr als 200 Leuten gespielt haben. Sogar der lokale Radiosender hat über uns berichtet und es war eine echt einzigartige Erfahrung.
So toll Fächer wie Yoga und Kunst auch sind, muss ich sagen, dass es echt nicht schlecht ist ein paar akademische Fächer zu belegen, weil ich jetzt in der deutschen Schule merke, wie hart es ist wieder reinzukommen.
Aber genug zur Schule. Ich habe nach ca einem Monat mit Hilfe meiner Gastmutter einen Reitstall gefunden, wo ich dann jeden Mittwoch nach der Schule hingefahren bin. Zusätzlich habe ich noch ein Schwimmteam gefunden, mit dem ich in den anderen vier Tagen nach der Schule geschwommen bin. Der Anfang war schwer, da ich selber vorher noch nie vernünftig geschwommen bin und die anderen im Team sehr fortgeschritten und leistungsorientiert waren. Mein Coach und die anderen Schwimmer waren aber sehr nett, sodass es mir viel Spaß gemacht hat und ich große Fortschritte im Schwimmen machen konnte.
Mit vielen meiner engen kanadischen Freunde habe ich jetzt immer noch total viel Kontakt und ich kann es gar nicht abwarten, alle irgendwann wieder besuchen zu kommen. Klar, mein Jahr war nicht immer einfach, ich habe gerade in der Anfangszeit viel mit Heimweh gekämpft und die ganze Aktion oft in Frage gestellt, aber bin jetzt trotzdem unglaublich glücklich, damals die Entscheidung getroffen zu haben, ein Jahr in Kanada zu verbringen.